"Wer sich am Ostermontag fürs Fußballspielen von der Familie abseilt,
muss sich dafür auch belohnen!" - Das war der letzte Satz, den ich der
Elf mit auf den Platz gab. Die Vorzeichen zu einem spannenden Pokalfight
waren für den neutralen Zuschauer äußerst vielversprechend: die letzten
drei Begegnungen beider Teams endeten nach ausgeglichenen Partien je
remis. Und auch die Zahlen und Fakten (Tabellenränge, Punkte, Tore)
sprachen gegen einen klaren Favoriten.Mühlhausen konnte nach den
jüngsten Verletzungen seine beiden Top-Leute Paula Meyer und Susanne
Eichenberg wieder aufbieten und auch wir Weimarer konnten dank der
Unterstützung des gesamten Vereins seit langer Zeit wieder einmal auf
einen breiten und guten Kader zurückgreifen - 18 Spielerinnen auf dem
Protokoll sind beileibe keine Selbstverständlichkeit!
Vom
Anstoß weg zeigten beide Teams, dass man sein Heil eher in der Offensive
sucht. Katja Groll blieb mit dem ersten Tempordribbling noch an der
Inneverteidigung der Gastgeberinnen hängen, im Gegenzug bot sich
Mühlhausen gleich ein Hundertprozenter, doch Alina Bothe konnte den zu
zentral angsetzten Nahdistanzschuss mit einem klasse Reflex parieren.
Besser machte es Josefa Kuhn nach exakt 227 Sekunden: aus spitzem Winkel
nagelte sie das Leder trocken ins kurze Eck. Leider
konnten die Mädels um Kapitänin Melanie Theile-Müller die Räume, die
sich immer wieder boten, in der Folgezeit nicht mehr mit der
Durchschlagskraft nutzen, wie das möglich gewesen wäre. Die Bälle
erreichten zu selten die Tiefe, sodass es im ersten Durchgang nur zu
drei weiteren Möglichkeiten durch Josefa Kuhn bzw. Katja Groll reichte,
die allerdings ungenutzt blieben. Mühlhausen um die erwartet starke
Paula Meyer war im Feldspiel optisch überlegen, waren auch latent
torgefährlich, aber zum Glück nur latent, denn irgendwie gelang es der
nunmehr vielbeinigen Defensive trotz vorheriger Fehler immer wieder ein
Bein zwischen eigenes Tor und Gegner zu bringen, sodass es bis zur Pause
bei der knappsten aller Führungen blieb.
Hoffte man im
Trainerstab darauf, dass nach dem Pausentee der Rückenwind dazu
beitrüge, den Gegner und Ball deutlicher vom Tor fernzuhalten, so sah
man sich getäuscht. Selbst die ungezielten Befreiungsschläge kamen nicht
weit genug weg. Mühlhausen drängte und belohnte sich -
bezeichnenderweise nach einem Konter über unsere rechte Abwehrseite, bei
dem vergeblich auf einen Abseitspfiff gehofft wurde - mit dem
Ausgleichstor im 55. Uhr-Umlauf. Allerdings besaßen die Gäste dieses Mal
eines ganz gewiss: Nehmerqualität! Denn nur 11 Minuten später konnte
wiederum Josefa Kuhn nach tollem Zuspiel von Manja Seeger zur erneuten
Führung einnetzen. Dann tickte die Uhr unaufhörlich gegen
die wackeren Gastgeberinnen. Es gab aber kaum noch gezielte Entlastung
für unsere Farben. Nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Sandra
Busch, deren Einsatz auf der rechten Abwehrseite gegen Paula Meyer mit
Ausnahme der Anfangsviertelstunde sich als wahrer Glücksgriff erwiesen
hatte, verteidigte nunmehr Auswahl-Küken Katja Groll auf dem rechten
Flügel (Maria Oßwald rückte ins linke Mittelfeld). Und dann kam in
Minute 81 Christina "Chrissi" Malisius, beinahe wie Phoenix aus der
Asche! Sie hatte sich vor mehr als 13 Monaten in der damaligen
Heimpartie gegen Mühlhausen, bei der sie drei Treffer zum 4:4 beisteuern
konnte, so schwer verletzt, dass sie bis dato nicht mehr zum Einsatz
kommen konnte. Eine Viertelstunde gegen Saalfeld vor zwei Woche war der
erste Test. Und jetzt sollte es wieder nur eine Viertelstunde werden.
Denn als der Ausgleichstreffer, wieder über unsere rechte Seite
entstanden, durch ein unglückliches Eigentor von Lisa Andrae, welcher
der Ball beim Rettungsversuch ans Knie und von dort ins kurze Eck
sprang, fiel, dachte sich Chrissi wohl recht kurz: "Eine Verlängerung
halte ich nicht durch." Also nahm sie sich das Leder nach einem Pass aus
dem Mittelfeld (kam er von Manja oder Claudi Ludwig - ich weiß es
nicht...) und schoss aus 25 Metern an der weit vor dem Tor postierten
Lisa Gürtler vorbei an den Innenpfosten, von welchem der Ball nach für
den Trainer gefühlten Minuten nicht ins Feld zurück, sondern ins Netz
flog: 3:2 (88.) Die Freude war riesengroß. Jetzt konnte auch die gelante
Maßnahme des Trainers, mit Melina Schoote (für Marie Kristin Maaß) eine
dritte Innenverteidigerin zu bringen, endlich in die Tat umgesetzt
werden. Melina hatte schon bereitgestanden, als das 2:2 diesen Plan
zunichtemachte... Als Mühlhausen nach einer Ecke in der
dritten Nachspielminute alles nach vorn warf, passte Claudi Ludwig noch
einmal in den Lauf von Chrissi Malisius, die dann aus 25 Metern die
außerhalb des Strafraums stehende Lisa Gürtler problemlos mit einem
Flugball ins Glück überwinden konnte: 4:2 - Rudelbildung - letzter
Spielerwechsel Weimar - Abpfiff - Ende - wieder Rudelbildung - Finale -
Jubel - Tränen - Wasserdusche für einige Beteiligte... viel Nebel im
Kopf beim Trainer...
Der Dank gilt an dieser Stelle allen,
die auf und neben dem Platz alles getan bzw. aus der Ferne die Daumen
gedrückt haben, dass das zweite Pokalfinale nach 11 Jahren (nur Sandra
Busch und Melli Theile-Müller waren damals schon dabei, als es in
Gräfenroda eine deutliche 0:4-Packung gegen den USV Jena II gab)
Realität werden konnte! Jetzt lasst uns alle Hebel in Bewegung setzen,
dass wir nach Oberlind, Gera, Jena II und Mühlhausen auch die kleine
Sensation schaffen, und den Dauer-Pokalsieger 1. FFV Erfurt erfolgreich
bespielen! Noch nie stand eine Weimarer Mannschaft, ob Männer oder
Frauen so knapp vor dem DFB-Pokal wie wir - das wäre der Hammer!
Statistik zum Spiel:
Torfolge:
0:1 Josefa Kuhn (5.)
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1:1 Susann Gaspar (55.)
1:2 Josefa Kuhn (68.)
2:2 Lisa Andrae (84./Eigentor)
2:3 Christina Malisius (89.)
2:4 Christina Malisius (90.)
FC Union Mühlhausen:
Görtler - Rittmeier, Groß (MK), Kümmel (21. S. Gaspar), König, Franz, Worch (78. T. Gaspar), Eichenberg, Meyer, Göbel (46. Wichert), Rupprecht
Weimarer FFC:
Bothe - Theile-Müller (MK / 88. Schoote), Weinert, Busch (78. Malisius), Mönch, Seeger, Maaß (89. Oswald), Kuhn, Groll, Ludwig, Andrae (90. Hartmetz)
Schiedsrichter: Armin Stollberg (Mühlhausen)