Ein Theaterautor oder Drehbuchschreiber hätte sich keinen
aufregenderen Plot ausdenken können, als das Drama, dem heute bei
hochsommerlichen Wetter knapp 3000 Besucher im Nordhäuser
Albert-Kuntz-Sportpark beiwohnten. Eigentlich lief es wie leider so oft
in letzter Zeit: Wacker geht in Führung und kassiert kurz vor Ultimo
noch den Ausgleich. Doch heute zeigte das gesamte Team eine bärenstarke
Leistung und verdiente sich das Glück redlich. Auch wenn es am Ende
eines langen Nachmittags mit Vornamen Jan und mit Familiennamen Glinker
hieß. Und als es kurz vor halb sechs dann auch noch „müllerte", war es
geschafft und ein starker FC Rot-Weiß im Achtelfinale verdientermaßen
niedergerungen.
Doch der Reihe nach: Von Beginn an spielten beide Teams mit hohem
Tempo und großem Einsatz. Die Partie wogte auf und ab. Nachdem Tobias
Becker und Lance Mickels in den ersten Minuten den Erfurter Keeper Lukas
Cichos mit ihren Versuche noch nicht beeindrucken konnten, mussten sich
auf der Gegenseite Jan Glinker in der 13. Minute gegen Rüdiger schon
ordentlich strecken. Wacker übernahm mit zunehmender Spieldauer die
Initiative und spielte zügig und ansehnlich nach vorn, ohne allerdings
die großen Chancen zu kreieren. Die hatte dafür RWE, als Hasse im
Strafraum Jovanovic freispielte, der ohne zu fackeln in die lange Ecke
abzog, wohin Jan Glinker sensationell abgetaucht war und parierte. Da
hatten wir Glück!
Nach dem Seitenwechsel drängte der heimische FSV mit Macht auf die
Führung und erarbeitete sich einen ganze Reihe guter Möglichkeiten, ehe
Joy Lance Mickels die Fans mit seinem wunderbaren Treffer in der 61.
Minute erlöste und zur umjubelten Führung einschoß. Jetzt war Wacker auf
der Siegerstraße und drückte auf das zweite Tor. Eine Dreifachchance
scheiterte an Cichos’ Parade, eine herrliche Kombination über die rechte
Seite von Benny Kauffmann und dem eingewechselten Nils Pichinot kam
mustergültig in die Mitte, wo Carsten Kammlott heranrauschte und den
Ball per Kopf nicht hundertprozentig traf. Und so kam es wieder zu einem
späten Ausgleich in der Nachspielzeit, kurz nachdem Novy nach rüdem
Foul die rote Karte gesehen hatte und der RWE eigentlich stehend k.o.
war.
Die Verlängerung begann und wieder sahen die engagiert ihr Team
unterstützenden Zuschauer stürmische Wacker-Angriffe. Als Lukas Cichos
endlich geschlagen war und der ebenfalls eingewechselte Marcell Sobotta
den Ball aus 13 Metern ins leere Tor heben wollte, war es ausgerechnet
der Ex-Nordhäuser Petar Lela, der mit einem rettenden Flugkopfball die
Entscheidung vertagte. Die dezimierten Erfurter gerieten in immer
größere Schwierigkeiten, aber die couragiert spielende Wacker-Elf konnte
sich trotz bester Möglichkeiten einmal mehr nicht belohnen. Sobotta
zwang Cichos noch einmal zu einer starken Parade und im Gegenzug stand
plötzlich Gladrow im Wackerstrafraum und konnte in allerhöchster Not
noch abgedrängt werden. Das hätte Erfurts Sieg sein können. Stattdessen
ging es ins Elfmeterschießen vor die Erfurter Fans in der Nordkurve.
Gleich der erste Schuss wurde von Cichos gehalten. Die Freude der knapp
1000 mitgereisten Schlachtenbummler währte allerdings nicht lange, denn
nun schlug Jan Glinkers große Stunde. Im Stile eines Weltklassehüters
parierte er die scharf geschossenen Bälle von Adomah und Lela und weil
Jerome Propheter, Nils Pichinot und Florian Beil ihre Elfer sicher
verwandelten, war es am Youngster Felix Müller, der kurz vor Schluss der
regulären Spielzeit für Mickels gekommen war, das Spiel zu entscheiden.
Hat er gemacht: kalt wie Hundeschnauze drosch er den Ball mitten ins Tor. Der Rest war grenzenloser Jubel!
Die Statistik zum Spiel:
Torfolge: 1:0 Joy Lance Mickels (61.) 1:1 Andis Shala (90.+1)
Elfmeterschießen: 1:2 Rico Gladrow 1:2 Tobias Becker (Nordhausen) scheitert an Lukas Cichos (Erfurt)
1:2 Francis Kwadwo Adomah (Erfurt) scheitert an Jan Glinker (Nordhausen)
2:2 Jeromé Propheter 2:2 Petar Lela (Erfurt) scheitert an Jan Glinker (Nordhausen) 3:2 Nils Pichinot 3:3 Velimir Jovanovic 4:3 Florian Beil 4:4 Andis Shala 5:4 Felix Müller
FSV Wacker 90 Nordhausen: Glinker - Kovac, Propheter (C), Esdorf, Göbel - Kauffmann (85. Beil), Becker, Pluntke (91. Sobotta), Genausch (58. Pichinot) - Mickels (89. Felix Müller), Kammlott
FC Rot-Weiß Erfurt: Cichos - Novy (90.+3 RK), Becken, Lela, Lorenzoni (83. Kelbel) - Kaffenberger (C / 76. Dittrich), Gladrow, Hasse (64. Geurts), Rüdiger (91. Adomah) - Shala, Jovanovic
Zuschauer: 2.960
Schiedsrichter: Steven Greif (Westhausen)
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